2006

Gute Nachrichten

Petra Schwille sieht derzeit kaum einen attraktiveren Forschungsstandort als Deutschland.

PHILIP MORRIS STIFTUNG: Frau Schwille, mit dem Forschungspreis ist viel Öffentlichkeit verbunden. Wie hat die Auszeichnung Ihre Arbeit verändert?
PETRA SCHWILLE: Ich brauche mich auf keinen Fall über mangelndes Interesse an offenen Diplomanden-, Doktoranden- und Postdoktorandenstellen zu beklagen. Ansonsten sind viele Einladungen zu nicht rein wissenschaftlichen Veranstaltungen hinzugekommen. Wir stehen hier am BIOTEC in Dresden ohnehin oft im „Scheinwerferlicht“. Fast jeden Monat kommt ein Kamerateam vorbei.

PMS: 1999 haben Sie den BioFuture-Preis des BMBF gewonnen und kehrten aus den USA nach Deutschland zurück. Haben Sie die Entscheidung bereut?
SCHWILLE: Nicht im Geringsten. Der BioFuture-Preis war das Beste, was mir damals passieren konnte. Er hat mein Leben verändert, und das gilt, soweit ich weiß, für fast alle Preisträger – im positiven Sinne. Man kann nur hoffen, dass es in Deutschland immer solche exklusiven Programme für junge Wissenschaftler geben wird. Dann braucht man sich um den Nachwuchs nicht zu sorgen.

PMS: Was sind die größten Vorteile hierzulande?
SCHWILLE: Infrastruktur und Lebensqualität. Außer an Elite-Standorten wie Boston oder San Francisco kann man in Deutschland besser und sicherer leben als in den USA. Dann der Beamtenstatus der Hochschullehrer: Obwohl Wissenschaftler risikobereit sind, ist es ein hohes Gut, mit seiner Existenz nicht voll am Zeitgeist und dem klammen öffentlichen Geldsäckel zu hängen. Die Unabhängigkeit schafft die geistige Freiheit, die man in diesem Beruf unbedingt braucht. Was die Forschungsmittel angeht, bin ich mit der Arbeit der DFG sehr zufrieden. Und zuletzt: die politische Situation. In den USA muss man gegenwärtig politisch schon sehr dickfellig sein, um sich dort wohl zu fühlen. Ich habe hier absichtlich nur den Vergleich mit den USA gezogen. Denn andere international vergleichbare Standorte, die wissenschaftlich attraktiver sein könnten als Deutschland, sehe ich im Moment nicht.

PMS: Verraten Sie uns Ihre aktuelle Baustelle?
SCHWILLE: Im Moment interessiere ich mich sehr für die Rekonstitution von essentiellen zellulären Funktionen im zellfreien System. Plakativ könnte man sagen, dass wir an einer „künstlichen Zelle“ arbeiten. Aber das hören die Biologen gar nicht gern, und es trifft auch sicher nicht den Kern. Wir sind ja noch viel zu weit entfernt von der Komplexität eines lebenden Systems.

PMS: Aber Ihr Ziel ist klar.
SCHWILLE: Ja, ich bin ich überzeugt, dass man eines Tages die Grundfunktionen der Zelle wird nachbauen können. Irgendwie wird das Leben ja auch mal einigermaßen simpel angefangen haben, in der Ursuppe.

Prof. Dr. Petra Schwille wurde 2004 für die Entwicklung eines Zwei-Photonen-Kreuzkorrelationsspektroskopes ausgezeichnet, mit dem sich molekulare Bewegungen in lebende Zellen beobachten lassen.