2005

Der Müllionär

1996 stellte Albrecht Melber eine Vakuumanlage vor. Die macht aus in-dustriellem Abfall zwar kein Gold, da-für aber destilliert sie wertvolle Metalle aus Müll. Bei weltweit 400 Millionen Tonnen, die allein an Giftmüll entstehen, ist das eine wertvolle Erfindung.

PHILIP MORRIS STIFTUNG: Guten Tag, Dr. Melber. Woran arbeiten Sie gerade?
ALBRECHT MELBER: Ich packe gerade meine Koffer. In ein paar Stunden geht mein Flugzeug nach Japan.

PMS: Was treibt Sie nach Japan?
MELBER: Ich habe geholfen, im Süden Japans eine Fabrik für das Recycling von PCBs (polychlorierte Biphenyle) aufzubauen. Dieser sehr giftige Stoff steckt als Betriebsflüssigkeit in vielen Transformatoren, die bis in die frühen 80er Jahre gebaut wurden. Laut Gesetz darf man die Transformatoren in Japan nicht verbrennen. Wir lassen die PCBs deshalb in einem Ofen verdampfen und können die sauberen Metalle dann wieder verwerten.

PMS: Wie funktioniert das?
MELBER: Im Inneren des Ofens befindet sich eine Vakuumkammer. Je nach Druck und Temperatur verdampfen die enthaltenen Bestandteile. In einem Kondensator sammeln sich dann die einzelnen Schadstoffe nach dem Kondensieren wieder. So kann man zum Beispiel das danach saubere Kupfer wieder zurückgewinnen, das in den Spulen der Transformatoren verarbeitet wurde. Sprich: Wir nehmen Sondermüll und trennen dann Wert- von Schadstoffen.

PMS: Aus welchem Grund muss in dem Ofen ein Vakuum herrschen?
MELBER: Das Prinzip ist ganz einfach. Je niedriger der Luftdruck ist, desto eher verdampft eine Flüssigkeit. Und desto schneller verdampfen auch die Komponenten, die es abzutrennen gilt. Ein Glas Wasser, das im Flachland bei 100°C kocht, brodelt auf dem Mount Everest schon bei vielleicht 80 – wegen des geringeren Drucks. Wenn man also in einem Ofen ein Vakuum erzeugt, spart man Energie, und es ist kein Sauerstoff enthalten, der die Stoffe oxidieren könnte.

PMS: Warum entstehen diese Fabriken in Japan und nicht bei uns?
MELBER: Gute Frage. Weil die Bestände an Transformatoren bei uns bis dato in stillgelegten Salzbergwerken gelagert werden wie im hessischen Herfa-Neurode. Dort lagern in den Geräten grob geschätzt 30.000 Tonnen Kupfer – in Form von Drähten, die in den Transformatoren verbaut wurden. Bei einem Durchschnittspreis von 1.800 Dollar pro Tonne Kupfer, lagern dort unten…

PMS: …54 Millionen Dollar. Wie groß ist die Nachfrage nach Ihren Öfen?
MELBER: Seit 2005 habe ich eine eigene Firma: Meltec, mit Büro in Darmstadt und Labor in Mühlheim. Bisher musste ich, ehrlich gesagt, nicht mal Kunden akquirieren. Wir sind für die nächsten Jahre ausgebucht. Viele Kunden wollen Recyclinganlagen, um ihre Industrieabfälle zu verarbeiten. So gewinnt man teure Wertstoffe zurück, spart Kosten und schont die Umwelt. Der letzte Anruf kam vor zwei Wochen: von einer Firma, die große Mengen Metallschlämme produziert. Bisher wurden sie einfach verbrannt – jetzt konzipiere ich eine Recyclinganlage, mit der man am Ende neues Metall haben wird. Und weniger Müll.

PMS: Die Idee des vakuumthermischen Recyclings scheint auf relativ einfachen Prinzipien zu beruhen.
MELBER: Richtig. Sogar meinen Kinder, die zwölf und 17 Jahre alt sind, habe ich das Verfahren erklärt, wenn auch in vereinfachter Form. Und sie haben es sofort verstanden. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Nur so kann ich Kunden überzeugen, dass meine Technologie für sie von Nutzen sein wird. Je einfacher und durchschaubarer, desto besser.

Dr.-Ing Albrecht Melber wurde 1996 für die Entwicklung vakuumthermischer Recyclinganlagen ausgezeichnet, die Schwer- und Leichtmetalle aus Sondermüll herausziehen.